Chamäleon – Der Geist der Natur – Über die Kunst der Tarnung und der Anpassung im Leben.
Ramona Romanu beobachtet gerne. Es ist eine ihrer Lieblingstätigkeiten, denn wie soll man etwas abbilden, ohne genau hingeschaut zu haben? Ohne hinterfragt zu haben? Besonders die Details und die Veränderung im Laufe der Zeit haben es ihr angetan. Als Selbstreflexion und als Spiegel für die Welt.
Dieses Jahr hat sie sich viel Zeit in der Natur genommen und dabei immer wieder aufmerksam beobachtet. Besonders das Spiel von Licht und Schatten aber auch wie aus einer Raupe ein Schmetterling, wie aus einer Knospe eine Blume wird und wie die Natur innerhalb weniger Wochen ein völlig neues (grünes) Kleid bekommt. Die Früchte ihrer Arbeit werden in der diesjährigen Sommerausstellung ab dem 21. Juli 2018 im Atelier am Isartor in München präsentiert.
Die Natur unterliegt permanent der Veränderung. Diese Veränderung ist die einzige Konstante in den Zyklen und Prozessen, die alles Lebendige umfasst. Am deutlichsten ist dies in der Natur zu sehen, wenn, mit dem Wechsel der Jahreszeiten, die Baumkronen ihre Farbe ändern und sogar im Herbst ihre Blätter verlieren. Bei dem Ausbruch eines Vulkans, wie in diesem Jahr auf Hawaii, werden sogar die Transformationsprozesse im inneren der Erde sichtbar. Der Planet spuckt heisse Lavamassen an die Oberfläche und macht auf dieser Weise auf ihren inneren Druck aufmerksam. Ein Symptom, das uns zwar bekannt ist, das wir jedoch nicht unbeachtet lassen dürfen. Die Erde ist ein ebenso komplexer Organismus wie wir alle, wie alles Lebendige und sie zeigt uns, wo es drückt und zwickt. Jeden Tag.
Bei keiner Tierart ist die Anpassung an die Umgebung so offensichtlich und unmittelbar wie bei dem Chamäleon. Es passt sich seiner Umgebung an und wird eins mit ihr. Das ist ein Überlebenskonzept, das sich für das Chamäleon seit Millionen von Jahren erfolgreich gezeigt hat. Das Bild, das 2018 entstand, ist 83 x 99 cm (Acryl, Metallic und Neon Farben auf Karton, Passepartout, gerahmt mit Glas)
Auch der Mensch verändert sich in jedem Augenblick, indem er die Beschaffenheit seiner Zellen und sogar seiner DNA (Epigenetik) den Anforderungen des Lebens anpasst. Der menschliche Körper, sagt man, erneuert sich alle 7 Jahre vollständig. Der Mensch ändert aber auch sein Verhalten, nicht nur im Laufe der Jahre, sondern auch durch die Erfordernisse an die Lebensumstände. In schwierigen Zeiten hat er im Verlauf der Evolution gelernt mit widrigen Klimaveränderungen, Mangel an Nahrung, Wärme und Ressourcen umzugehen. Er lernte das Wunder der Geburt, das Mysterium des Todes und alles dazwischen kennen. Vor allem hat er gelernt zu regenerieren und zu überleben. Er hat gelernt Kraft aus der Sonne zu tanken und zu ruhen. Calma e relaxa.
Die größte Anpassung macht der Mensch aber in seinem Geiste, denn erst dort schafft er die Realität, sowie die Annahmen und Wertesysteme, die er über sich selbst und seine Umwelt stülpt. Genau dort entscheidet sich individuell für jeden einzelnen von uns, was gut und böse, was richtig und was falsch, was essbar ist oder nicht, was gefährlich oder liebenswert sein kann. Das ist seine größte Fähigkeit. Hier sind Evolution, Intuition und Empathie wunderbare Ratgeber.
Die tiefgreifendste Veränderung erfährt der Mensch jedoch in der Haltung der Liebe. Ja, ich spreche hier bewusst von Haltung und nicht von vorübergehenden Emotionen oder Gefühlen, denn das ist eher sexuelle Anziehung oder biologische Programmierung. Ein seltenes und dadurch immer mehr geschätztes Gut in der heutigen Zeit. Die Liebe verändert alles im Menschen, sogar die Art und Weise, wie er die Welt betrachtet. Die Tiere machen sie es uns vor und sie sind manchmal liebevollere Eltern als wir Menschen, auch wenn sie ihrer Aufgabe „nur“ instinktiv nachgehen. Das Bild „Paarungstanz der Seepferdchen“ (Acryl, Tusche, Neon Farben auf Karton von 2018, 70 x 70 cm, Holzrahmen mit Passepartout und Glas) zeigt die Zärtlichkeit, Liebe und Ausdauer, die manche Tierarten kultiviert haben, um für die richtige Partnerin zu werben. Die Natur ist in dieser Hinsicht verschwenderisch. Sie läßt sich Zeit und schafft damit Raum für das Leben. Wie Richard Wagner, 1882, im Parsifal trefflich formulierte: „Sieh nur mein Sohn, zum Raum wird hier die Zeit“. Ein großartiger Satz mit soviel Tiefe. Derzeit, übrigens, in der Bayerischen Staatsoper in bester Besetzung zu sehen. Das Bühnenbild wurde von Georg Baselitz entworfen.
In dieser Ausstellung widmet sich die Künstlerin Ramona Romanu dem Geiste, der in allem innewohnt und sich als Lebendiges manifestiert: in Blumen und Pflanzen, in den Tieren und natürlich, uns am meisten vertraut, im Menschen.
Eine Kraft, die besondere Aufmerksamkeit verdient, denn ohne den Geist gäbe es kein Leben und auch keine Wahrnehmung dessen. Was ist also wichtig? Sich zeigen? Sich tarnen? Einfach nur sein? Wahrnehmen? Beobachten? Je nach Umstand und Prägung, wird jedes Individuum und jede Lebensform es für sich individuell und situationsbezogen entscheiden und beantworten können oder einfach nur seiner Natur folgen. Am Ende hat das Leben immer recht.
Im Bild mit dem Titel „Untold Body Stories“ (Acryl, Tusche und Gold auf Karton, 80 x 120 cm, gerahmt mit Passepartout und Glas von 2018) geht die Künstlerin Ramona Romanu auf dieses Thema ein. Die eingespeicherten Körpererfahrungen, Erinnerungen und Erlebnisse, die uns als Menschen ausmachen, tragen wir täglich in und mit uns. Sie sind unsere Visitenkarte für die Welt. Die Haut, die Augen, der gesamte Körper sind wie Landkarten, die alle Informationen in sich vereinen und die vielleicht nur wenige von uns vollständig lesen und begreifen können. Manchmal nicht mal wir selbst. Von Zeit zur Zeit brauchen wir ein Gegenüber, das uns wahrnimmt, wie wir es selbst nicht vermögen. Ein temporärer Spiegel in dem wir uns wahrnehmen dürfen.
In einer Zeit, wo es selten geworden ist, keine Tätowierung zu haben, geht Ramona Romanu hier explizit auf die Haut ein, die viele durch Tatoos zum Wesensmerkmal machen, um ihre Vorlieben, Botschaften oder ethnische Zugehörigkeit (sog. Tribals wie Germanisch, Keltisch, Fernöstlich, Maori, Eigenkreationen etc.) symbolisch darzustellen und der Welt zu präsentieren. Auch wenn sehr persönlich, ist dies auch eine Form der Tarnung und des expliziten Zeigens gleichzeitig. Von der naturgegebenen Haut wird immer weniger sichtbar, dafür die Botschaft, die in die tiefen Hautschichten, auf Lebenszeit „gemalt“ wurde. Die Haut als Leinwand. Welche Sprache sprechen Körper, die nicht tätowiert sind? Reicht es inzwischen nicht aus, sich so zu zeigen oder darf es etwas „mehr“ sein? Ramona Romanu fasst es auf, als das ambivalente Bedürfnis nach Anonymität und individuelle, aussergewöhnliche Präsenz zur gleichen Zeit. Ich zeige mich, ich bin da, ich überlebe, indem ich mich tarne. Chamäleon. Die Natur macht es uns vor und wir ahmen es nach. Welch Fülle der Möglichkeiten…und potentiell betrachtet 7 Milliarden (im wahrsten Sinne des Wortes nackte) Leinwände.
Eine farbenfrohe, lebendige Welt, gefüllt mit Liebe, nicht nur zum Detail, erwartet Sie ab den 21.07.2018 am Isartorplatz 4 in München. Die Vernissage findet am Samstag Abend, ab 19 Uhr statt. Die Ausstellung wird bis zum 23. September gezeigt und kann jeder Zeit besichtigt werden (öffentlich zugängliche Vitrinen, die auch Abends beleuchtet werden). Im Laufe der Ausstellung werden immer wieder Künstlertreffen stattfinden, die besonders angekündigt werden und die Raum bieten zum Austausch mit der Künstlerin.
Gerne können Sie Kunstinteressierte und Freunde hierzu einladen. Ramona Romanu wird am Samstag Abend bei der Vernissage anwesend sein, persönliche Führungen sind nach Vereinbarung möglich. Tel. 0163 3136933.
Wir freuen uns sehr auf Ihren Besuch.
„Es sind nicht die äußeren Umstände, die das Leben verändern, sondern die inneren Veränderungen, die sich im Leben äußern“ (Wilma Eudenbach).
Herzliche Grüße,
Ramona Romanu
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